Die Mercator-Thematik ist auf jeden Fall interessant, denn die Rückbezugnahme auf geschichtliche – auch kunstgeschichtliche –
Schnittstellen wie eben den Beginn der Neuzeit, den Beginn der klassischen Moderne oder die Aufbruchsituation der 60er Jahre ist sicher eine wesentliche Voraussetzung dafür eine Ahnung davon zu bekommen, wo wir uns heute befinden und wo es hingehen könnte.
Der einführende Text mit seiner Gegenüberstellung des aufklärenden Bewusstseins mit weitem spirituellen Horizont (Mercator) auf der einen Seite und dem spirituellen Ausverkauf heute auf der anderen Seite ist ja zunächst einmal düster. Die Umkehrung wäre evtl. genauso richtig: Gegenüberstellung des aufkommenden spirituell sich abnabelnden (da die Erde als Objekt vermessenden) Bewusstseins auf der einen und eines aufkeimenden, peripheren oder integralen Bewusstseins auf der anderen Seite.
Dass dieses zarte Aufkeimen von den geschilderten Scherbenhaufenphänomenen überlagert wird, ist klar.
Ich vermute ja, dass das, was Sie vorhaben, in jene Richtung des Aufkeimens geht und halte die Kunst für ein angemesseneres Medium dies zu thematisieren als die gedankliche Analyse. Mir kam beim Lesen (auch wegen der 2 Räume) der starke Eindruck in Erinnerung, den eine doppelte Ausstellungssituation 2010 in Bonn auf mich gemacht hat: die Reisen des James Cook in der Bundeskunsthalle und zeitgleich Franz Ackermann gegenüber im Bonner Kunstmuseum. Bei Cook, der gewissermaßen mit Mercator-Karten segelte, die Ablösung eines alten spirituellen Bewusstseins (Unterwerfung der Naturvölker der Südhalbkugel), bei Ackermann – zwar durchaus schräg – Indizien für ein neues „postrationales“ Bewusstsein. Kann ich bei Gelegenheit Genaueres von erzählen.
Das Konzept lässt ja bezüglich dessen, was in den Räumen sein wird bis auf das Vorstellen der Protagonisten (Materialien) und den Hinweis auf Transformation, Vieles offen – was mir gefällt, da sonst ja nichts Neues entstehen könnte. Also die Konzeptstruktur „Ausgangsfrage – Raum/Material-Rahmen – offener Inhalt“ finde ich gut.
Die Materialvorstellung und die Transformationsthematik wecken Beuys-Assoziationen. Das ist aber kein Makel.
Weiters evtl. im Gespräch.
Bin sehr gespannt.
Ein gutes Jahr der Transformationen!
via Email, von Jochen Breme am 10.01.2012